Sky-Radio - auch ohne Balkon oder Eigenheim


Nicht jeder hat die Möglichkeit, eine Parabolantenne auf das Dach zu stellen. In Deutschland lebt nicht einmal die Hälfte der Bewohner in Eigenheimen. Die große Mehrheit wohnt zur Miete oder in Eigentumswohnungen. In der Regel ist dann die Montage einer eigenen Satellitenantenne - sei es auf dem Dach oder an einer Außenwand - nicht zulässig, da in Deutschland der Schutz des Eigentums (bzw. des Gemeinschaftseigentums) vom Verfassungsgericht höher eingestuft wird als das Recht auf Informationsfreiheit (vgl. einschlägige Rechtssprechung). Dies gilt vor allem dann, wenn auch ein Kabelanschluß möglich wäre. Das ist übrigens ein Grund für viele unserer Einwanderer, eben keinen deutschen Paß - und die deutsche Staatsangehörigkeit - zu beantragen, da nur dann, wenn sie Ausländer sind, ihr Recht auf Informationsfreiheit größer ist als das auf Schutz des Eigentumes. Dritter. Lebt beispielsweise ein Ehepaar in einer Eigentumswohnung und ist auch nur einer der Partner polnischer Staatsbürger, so wird er keine Probleme haben, eine Satellitenanlage zu installieren. Vielleicht erklärt dieses Privileg die Forderung nach der doppelten Staatsbürgerschaft?


„Einen Türken bauen“ und jetzt zum Griechen konvertieren ?



Manchem Deutschen bietet sich als alternative Lösung eine von außen nicht erkennbare Satellitenschüssel auf dem Balkon. Doch was nützt der schönste Balkon, wenn er sich auf der Nord- oder Westseite des Gebäudes befindet? - Da die geostationäre Umlaufbahn über dem Äquator in etwa 36000 km Höhe verläuft und die in Betracht kommenden Satelliten Zentimeterwellen, die sich quasioptisch ausbreiten, ausstrahlen, ist eine freie Sicht zum Satelliten notwendige Bedingung, um überhaupt etwas empfangen zu können. Bereits ein menschlicher Körper vor der Schüssel - befindet er sich nur dicht genug davor - führt zu nichts als Rauschen.

Meine Freundin Anke hatte eben dieses Problem - den Balkon auf der Nordseite. Im Herbst 1995 dann besuchte ich die Funkausstellung in Berlin, auch um zu erfahren, ob denn ein Empfang durch's Fenster möglich wäre. Ich hörte wenig Konkretes, da alle Satellitenexperten sich noch nie mit diesem Problem auseinandergesetzt hatten, weil dazu keine Notwendigkeit bestand. Sie alle besaßen offensichtlich ein Eigenheim oder einen toleranten Vermieter oder einen Balkon auf der Südseite. Man sagte mir, Einfachverglasung ließe sich noch meistern, aber Isolierverglasung, das führe nur zu vielen "Fischen" beim (Fernseh-)Empfang. Da wir nicht gerne viel Geld in den Sand setzen wollten, sahen wir also erst einmal von einer Anschaffung ab.



Was man nicht selber weiß, das muß man sich erklären (Jürgen von Manger)

Im Mai dann sah Anke in einem Prospekt eines Warenhauses auf der grünen Wiese eine kleine Satellitenanlage mit 35-cm-Parabolschüssel und Satelliten-Receiver für knapp 200 DM. Leider gab das Personal des Warenhauses keinerlei technische Auskünfte über den Inhalt der Verpackung - und auch die Bedienungsanleitung war nicht einzusehen. Da ich nicht die Katze im Sack kaufen wollte, riet ich unter diesen Umständen vom Kauf ab. Anke wagte es aber doch. Der Erfolg gab ihr Recht. Wie sich nach dem Auspacken herausstellte, befand sich bei der Schüssel immerhin ein schon recht empfindlicher 0,8 dB LNB. Noch empfindlichere LNBs (kleiner als 0,8 dB) sind zur Zeit noch recht rar. Nun galt es noch, einen geeigneten Ständer für den
Parabolspiegel zu finden. Ein glücklicher Zufall wollte es, daß die Gewinde für die Masthalterung zum Kameraanschluß an meinem großen Videostativ mit 3-Wege-Kopf (ganz gewöhnliches Stativgewinde) kompatibel sind. Statt an der Masthalterung konnten wir also die Schüssel auf dem Stativ montieren.
Der 3-Wege-Stativkopf erlaubt eine sehr einfache und schnelle Ausrichtung der Schüssel auf den Satelliten.


Gesetze der Optik

Nach der Verkabelung der Anlage und der Einstellung des Fernsehgerätes auf die Übertragungsfrequenz des Sat-Receivers "Skymaster XL-15" per Testbild ging es daran, den Astra-Satelliten mit Hilfe eines einfachen Kompasses ausfindig zu machen. Da die Bandbreite einer kleinen Schüssel sehr groß ist, ist die Ausrichtung sehr viel einfacher als zum Beispiel bei einer 80-cm-Schüssel. Nach einigen Sekunden des Hin-und Herschwenkens der Schüssel in horizontaler und vertikaler Richtung war bereits auf dem TV-Gerät ein Fernsehbild zu sehen. Die Feinabstimmung dauerte ein paar Sekunden länger.
Durch das geöffnete Fenster - wichtig ist auch hier, daß zwischen Schüssel und Satellit sich kein Hindernis befindet - ist der Empfang tadellos, nur die
etwas schwächeren Sender wie insbesondere ARD weisen - wenige - Spikes (weiße Punkte) im Bild auf. Schließen wir das Fenster - Isolierverglasung aus zwei Glasscheiben im Abstand von etwa 1,5 cm, nicht metallbeschichtet, so wächst die Anzahl der Spikes leicht an, was sich bei der quasioptischen Ausbreitung damit erklären läßt, daß die Glasscheiben ja auch Licht schlucken und z.T reflektieren. Das Signal wird also etwas abgeschwächt. Je weniger die Achse Satellit-Schüssel orthogonal (rechtwinklig) die Scheibenebene schneidet, um so mehr machen sich die letztgenannten Refelexionseffekte nachteilig bemerkbar. Mitunter ist der Empfang schon durch bloßes Kippen des Fensters gravierend zu verbessern. Abweichungen der Achse Satellit-Schüssel von mehr als 30º zur Scheibenorthogonalen sollten daher nicht überschritten werden, um zu gewährleisten, daß nur wenige Spikes das visuelle Empfinden beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, daß ein genau auf Südwest ausgerichtetes Fenster für Astra (19º Ost) in unseren Breiten (deutschsprachiger Raum) bereits zu weit westlich steht. Bei Einhaltung dieses Grenzwertes (30º) ist auch im Winter - bei geschlossenem Fenster - ein nahezu ungestörter Fersehgenuß zu erwarten.

Radio können wir über die Parabolantenne natürlich auch empfangen - selbst bei geschlossenem Fenster noch annähernd in UKW-Qualität mit nur sehr geringem Rauschen, sozusagen SINPO 55555. So lassen sich über ASTRA analog problemlos zum Beispiel empfangen: Deutschlandfunk, Deutschlandradio Berlin (in Westdeutschland sonst nur über Lang- oder Mittelwelle stark verrauscht), MDR Sputnik (besser als 1Live - und ohne Reklame), Euromax (mit deutsprachigen Programmen internationaler Sender wie Radio France International, Radio Österreich Int., Radio Flandern, Radio Budapest, Radio Schweden Int., Radio Prag, Radio Slowakei, etc.) und die meisten deutschen "öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten".

Zusammenfassend hier noch einmal die zum Stuben-Sat-Empfang wichtigen Punkte:

- Das Fenster muß einige cm breiter sein als der Durchmesser des Parabolspiegels, also möglichst keine zu große Schüssel kaufen.
- Das Fenster darf unter keinen Umständen metallbeschichtet sein, es kann aber durchaus eine Isolierverglasung sein.
- Das Fenster muß einigermaßen in Südrichtung weisen und eine unbehinderte (auch nicht durch Bäume!) "Sicht" auf den Satelliten ermöglichen.
- Der LNB sollte ein Rauschmaß kleiner oder gleich 0,8 dB aufweisen.
- Für das Stativ sind mindestens ca. 100 DM zu veranschlagen, da es immerhin die Schüssel mit LNB verkraften muß. Insbesondere der Stativkopf sollte auch größeren Belastungen standhalten, da die Schüssel mit LNB ein erhebliches Drehmoment am Stativanschluß erzeugt. Das Stativ sollte also zur Aufnahme einer größeren Video-Kamera geeignet sein.